Gartenträumerei
Im Garten meines Vaters stehen zwei große Fliederbüsche, an denen sich jeden Sommer verschiedeneste Insektenarten erfreuen.
Am liebsten hatte ich immer die Schmetterlinge. Zitronenfalter, der große Fuchs, das Tagpfauenauge. Oft habe ich im Garten gelesen, die Sonne genossen und die Schmetterlinge beobachtet. Natürlich gab es dort auch oft nervige Fliegen oder Mücken, denen man am liebsten gar nicht begegnen möchte, aber alles hat irgendwie seinen Sinn gemacht im Garten.
Dieses Jahr habe ich vielleicht zwei Schmetterlinge gesehen. Nun, ich habe auch keinen Garten mehr und besuche meinen Papa nur hin und wieder. Trotzdem fiel mir auf, dass ich wenige gesehen habe.
Im letzten Jahr habe ich im Herbst das Küchenfenster aufgemacht und über Nacht vergessen, es zuzumachen. Am nächsten Morgen fand dann eine Marienkäfer-Party auf der Abzugshaube statt. Die Käfer hatten sich im Fensterrahmen vor der Kälte versteckt.
Dieses Jahr habe ich wenige Marienkäfer gesehen und auch in meinem Fenster waren noch keine zu finden. Nicht, dass ich sie gesucht hätte, aber wenn sie da gewesen wären, hätte ich mich sicherlich an das letzte Mal erinnert, als ich sie im Fensterrahmen gefunden habe.
Insektensterben
In den Medien liest man zur Zeit häufig vom Insektensterben, vom Bienensterben liest man noch viel länger. Und doch vergisst man diese Nachrichten schnell wieder, weil man doch immer wieder Fliegen, Hummeln, Wespen sieht. Aber wenn man mal richtig nachdenkt, sieht man sie vielleicht doch nicht mehr so häufig wie früher?
Wie oft habe ich als Kind Bienen gesehen? Mit Marienkäfern „gespielt“ und sie dabei hoffentlich nie aus Versehen kaputt gemacht? Einer Libelle nachgejagt? Schmetterlinge gesucht?
Ich weiß nicht mehr, wann ich zuletzt eine Libelle gesehen habe. Ich glaube, sogar in diesem Jahr, bei einem Waldspaziergang. Dennoch habe ich das Gefühl, dass ich sie damals häufiger wahrgenommen habe, oder liegt das nur daran, dass ich ein Kind war?
„80% weniger Insekten als 1982“ heißt es z.B. bei SPIEGEL online und Nabu. Es gibt Gegenmeinungen zu diesen Werten, da sie auf einer Studie aus NRW stammt und nur in einer Region zwischen Krefeld und der holländischen Grenze stattfand. Hier sind „mehr als 60 Prozent der ursprünglich dort heimischen Hummelarten ausgestorben.“
Diese Tiere dienen nicht nur als Bestäuber und sind nicht nur von großer Wichtigkeit für Nahrungspflanzen (Drei Viertel der meist genutzten Nahrungspflanzen hängen von der Bestäubung durch die Tiere ab), sondern sie sind auch Nahrung für heimische Vögel. Diese haben ohnehin immer weniger Lebensraum zur Verfügung und könnten Schwierigkeiten bekommen, wenn sie kein Futter für den Nachwuchs finden.
Auch wenn man sich manchmal so fragt, „wozu gibt es bitte so viele Insekten?“, wird bei näherer Betrachtung doch einiges klar und man denkt sich: „Vielleicht sind die doch gar nicht so übel.“ OK, das bezieht sich vielleicht nicht auf Mücken, aber die sind bestimmt auch für irgendwas gut… Bestimmt.
Ich wünsche mir jedenfalls, dass ich im Sommer mal wieder draußen sitze und ich das Summen und Zwitschern und einfach das Arbeiten der Natur weiterhin hören kann. Dass ich Schmetterlinge und Libellen antreffe und dass unsere Kinder das auch noch tun können. Und nicht, dass wir in 100 Jahren Schulkindern in Filmen zeigen müssen, was es früher für eine Artenvielfalt auf der Welt gab. Und was Schmetterlinge waren – Genauso wie, was Dinosaurier waren. Das wäre ganz schön traurig, oder?
Weiterführende Links
Focus: Experten kündigen Bestäuberkirse an
Meedia: Angeblicher Insektenschwund
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